Draußen ist es kalt. Die Bäume sind kahl, die Felder liegen brach. Die Landschaft scheint im Winterschlaf zu sein. Kaum vorstellbar, dass zu dieser Jahreszeit Gemüse gedeihen soll. Ein Besuch bei Naturland Landwirt Amadé Billesberger jedoch zeigt: Gemüse und Winter passen zusammen
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Bunte Gemüsevielfalt gibt es auf dem Billesberger Hof auch im Winter.
„Meine größte Motivation Gemüse rund um das Jahr und insbesondere im Winter anzubauen ist, dass so immer Frisches auf dem Teller landet.“
Schwarzkohl – ein saisonales, heimisches Superfood.
„Für mich war von Anfang an klar, dass ich nach den Prinzipien der ökologischen Landwirtschaft arbeiten möchte. Das ist meiner Meinung nach die einzig vernünftige Art, Lebensmittel zu produzieren.“
Neben dem Gemüseanbau hält Mogli Hühner in drei Hühnermobilen.
Eine naturnahe und -verträgliche Landwirtschaft fängt für Mogli schon beim Saatgut an. Bei ihm kommt nur samenfestes zum Einsatz, das heißt aus den Pflanzen können wieder Samen gewonnen und Nachkommen gezogen werden. Das ist bei dem inzwischen weit verbreiteten Hybridsaatgut nicht möglich. „Hybridsaatgut sorgt für Gleichmäßigkeit im Wuchs, perfektes Aussehen und hohe Erträge. Mir kommt es allerdings vor allem auf einen intensiven Geschmack an – da darf die Karotte dann auch mal krumm sein“, erklärt Mogli schmunzelnd. Man merkt, dass der Gemüseanbau seine Leidenschaft ist. So überrascht es nicht, dass sich unter den rund 100 verschiedenen Sorten, die das ganze Jahr über am Billesberger Hof angebaut werden, auch einige Raritäten finden, wie beispielsweise die Rote Bete Sorte Tondo di Chioggia, der Romansalat Forellenschluss oder Blattzichorie Catalogna. Eine wichtige Voraussetzung dafür:
„Ein gesunder und humusreicher Boden ist die Grundlage für starke und gesunde Pflanzen.“
Bilder © André Goerschel, Amadé Billesberger, David Seitz, Michael Weide
Ursprünglich waren Karotten violett oder weiß. Die orange Farbe bekamen die Karotten erst im 16. Jahrhundert von holländischen Pflanzenzüchtern verpasst. Mehrere Legenden ranken sich um diese Geschichte. Eine besagt, dass die Pflanzenzüchter Prinz Wilhelm von Oranien für den Unabhängigkeitskampf gegen Spanien danken wollten und ihm daher ein Gemüse in seiner Wappenfarbe züchteten. Wie auch immer es dazu kam, eines steht fest: Die Holländer haben der Karotte ihre orange Farbe gegeben.
Im nordwestlichen Niedersachsen – von Ostfriesland bis nach Südoldenburg und Bremen – wird die Kohlsaison ganz besonders zelebriert. Zum Grünkohlessen gehört dort traditionell eine Kohltour. Diese wird vom im Jahr zuvor gewählten Kohlkönigspaar organisiert. Hauptbestandteil ist eine Wanderung zum ausgewählten Ausflugslokal, wo dann Grünkohl mit Pinkel serviert wird. Seit 1956 lädt auch die Stadt Oldenburg in der Hauptstadt zum „Defftig Ollnborger Gröönkohl-Äten“ ein. Jedes Jahr wird dort ein/e Spitzenpolitiker:in zum/zur Kohlkönig:in gewählt. So durften zum Beispiel bereits Angela Merkel, Robert Habeck und Franziska Giffey diesen Titel tragen.
Mehr als 70% der in Deutschland gewerblich genutzten 2.600 Pflanzensorten sind Hybridzüchtungen. Hybridsaatgut erfreut sich vor allem aufgrund der hohen und homogenen Ernte an Beliebtheit. Allerdings sind Hybridpflanzen nicht nachbaufähig, sprich aus ihren Samen können keine neue Pflanze gezüchtet werden. Anders beim samenfesten Saatgut. Da dieses aber immer seltener verwendet wird, gelten inzwischen etwa drei Viertel der samenfesten Sorte, die noch vor 100 Jahren weltweit auf den Feldern zum Einsatz kamen, als verloren.
Auf der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen, 1.300 Kilometer vom Nordpol entfernt, lagert tief unter der Erde ein globaler Saatgut-Tresor. Der Inhalt: knapp 1,2 Millionen samenfeste Samenproben wichtiger Nutzpflanzen wie Mais, Reis und Weizen. Eingerichtet wurde der Saatgut-Speicher 2008, um im Falle eines Atomkriegs oder einer Naturkatastrophe die Ernährung der Menschheit zu sichern.