Wo man die Plantage vor lauter Bäumen nicht sieht
In dem karibischen Inselstaat Dominikanische Republik baut Juana Maria Vicente Garcea unter den strengen Naturland Richtlinien fairen Bio-Kakao an.
Ihr Erfolgsgeheimnis hat einen Namen: Agroforst. Man muss schon zweimal hinschauen, um zu sehen, dass es sich bei der Pflanzung von Juana Maria Vicente Garcea um ein Feld und nicht um einen natürlich gewachsenen Wald handelt. Zwischen dem Kakao wachsen Orangen und Bananen, Avocados und Mangos und viele andere Bäume. Dahinter steckt ein Konzept: Agroforstwirtschaft.
„Seit wir auch andere Bäume wachsen lassen, hängt unsere Existenz nicht mehr allein von einer guten Kakaoernte ab, denn unser Feld versorgt uns mit vielen verschiedenen Früchten. Es sind so viele, dass wir sie auf dem lokalen Markt verkaufen können“, erzählt die Bäuerin, die Genossin bei der Naturland zertifizierten Kakao-Kooperative Cooproagro in der Dominikanischen Republik ist.
„Über hundert verschiedene Pflanzenarten gedeihen hier auf unserer Plantage – diese Biodiversität ist außergewöhnlich.“
Neben der finanziellen Unabhängigkeit der Familie vom Kakao-Export sorgt dieses landwirtschaftliche Konzept vor allem auch für mehr Artenvielfalt und Klimaschutz. „Wir sorgen dafür, dass es auf den Feldern eine hohe Biodiversität gibt“, erklärt Johan Heredia, einer der Agraringenieure von Cooproagro. Dazu gehören nicht nur die Obstbäume, sondern auch viele andere Pflanzen, wie Bromelien, Farne und verschiedene Schlingpflanzen.
Auch die Liste der Tiere, die Juana auf ihrem Feld entdeckt hat, ist lang. Sie reicht von Kolibris, Spechten und Reihern bis zu verschiedenen Frosch-, Schlangen- sowie Schmetterlingsarten und anderen Insekten.
„Wenn ich einen fruchtbaren Boden haben möchte, muss ich dafür sorgen, dass sich die Erde selbst versorgen kann. Das erreiche ich am besten durch viele verschiedene Pflanzen, die alle unterschiedliche Beiträge zur Zusammensetzung des Humus leisten. So muss ich keinen künstlichen Dünger einsetzen. Denn der würde den Boden auf Dauer auslaugen“, erklärt Juana, deren Vater bereits Mitglied der Kooperation war. Nach dessen Tod übernahm sie zunächst nur die Pflanzung, entschloss sich dann aber 2014, auch Cooproagro beizutreten.
Jede Pflanze leistet ihren spezifischen Beitrag, wie zum Beispiel der Amapolabaum. Mit ihren tief reichenden Wurzeln gelangen diese Bäume an Nährstoffe, die von den kleineren Kakaobäumen in höheren Schichten nicht erreicht werden. Außerdem: „Der Amapola gibt dem Kakao Schatten, sorgt für ein kühleres Mikroklima und versorgt ihn zusätzlich mit Nitraten.“ Ein wichtiger Beitrag in Zeiten des Klimawandels.
„Statt einen Arbeiter für das Sprühen anzustellen, bezahle ich vier Männer die den Pflanzenschutz händisch machen. Bio-Anbau hat eben seinen Preis.“
Wenn sie statt der vielen Obstbäume nur die Exportfrucht anbauen würde, könnte Juana kurzfristig mehr Kakaobohnen ernten und höhere Gewinne einfahren. Doch nach kürzester Zeit würde die Monokultur ihr Feld anfälliger für Pilze und andere Krankheiten machen. „Statt mit Pestiziden zu arbeiten, entferne ich die Blätter rund um die befallenen Bäume und lasse die Sonne den Pilz im Boden austrocknen“, erklärt die dreifache Mutter ihr Vorgehen, wenn es trotzdem einmal zu befallenen Pflanzen kommt.
Durch den Öko-Anbau nach Naturland-Richtlinien und das System Agroforst verzichtet Juana auf möglichen Ertrag, erspart aber somit allen die Folgekosten, die bei konventionellen Anbaumethoden durch die Belastung des Wassers und des Bodens langfristig entstehen. Um das auszugleichen, erhält die Bäuerin für ihren Bio-Kakao eine Prämie. Außerdem profitiert sie davon, dass ihr Naturland zertifizierter Kakao nach den Regeln des Fairen Handels eingekauft wird, also nicht nur den aktuellen Börsen- sondern einen fest vereinbarten Mindestpreis für den Kakao bezahlt. „Der Handel mit Naturland Kakao ist nicht nur gut für mich, sondern für das ganze Dorf. Mit der Fairhandelsprämie wurde die Kirche renoviert, ein Gemeindezentrum gebaut und eine Brücke erneuert, die der Fluss nach einem heftigen Regen weggeschwemmt hatte.“ So hilft die Zusammenarbeit mit Naturland nicht nur dabei, umweltschonend zu produzieren, sondern auch, die Folgen des Klimawandels zu bezahlen.